Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 6. April.

Der Fall des Kapitäns Fryatt wurde jetzt von der deutschen Kommission untersucht, die mit der Prüfung der den deutschen Militärs vorgeworfenen Verfehlungen eingesetzt wurde. Das Urteil lautete dahin, das in dem Verfahren gegen den englischen Kapitän eine Verletzung des Völkerrechts nicht zu erblicken war. Die Kommission drückte jedoch ihr Bedauern aus über die Schnelligkeit, mit der das Urteil vollzogen wurde. Das Auswärtige Amt hatte gewünscht, dass die Verhandlungen hinausgeschoben werden. Danach haben sich aber die Militärs nicht gerichtet. Einer der vernommenen Zeugen tat sogar den für die Erkenntnis des militärischen Geistes klassischen Ausspruch «Ich kenne kein Auswärtiges Amt.» Aus dem Urteil und seiner Begründung geht deutlich hervor, dass die politisch Denkenden in Deutschland die Hinrichtung des Kapitäns nicht wollten. Aber der losgelassene Militarismus wollte sein Opfer haben. Es rast der See . . . Das Gutachten der Kommission kommt mit dieser Begründung eigentlich zu einer Verurteilung des Vorgehens der Militärs. Dass das Völkerrecht dabei nicht verletzt wurde, hat wenig zu sagen. Auch die Hinrichtung der Schill, Andreas Hofer, Palm entsprach den Erfordernissen des sogenannten Kriegs-Völkerrechts. Jene Taten werden von uns dennoch als politische Verbrechen angesehen. Man wird die Engländer auch nie dazu bekehren, anzuerkennen, dass dieser brave, patriotische Kapitän keinem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Es ist erfreulich, dass das Gutachten der deutschen Kommision unter Schückings Vorsitz dieser Anschauung wenigstens nicht unbedingt entgegentritt.