Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Spiez, 22. Juli.

Folgende Ansprache wurde am 20. Juli gehalten:

«Als Opfer treuester Pflichterfüllung, weil Sie teils ihre amtlichen oder beruflichen Obliegenheiten nicht vorzeitig im Stich ließen, teils die ihrer Obhut anvertrauten Personen oder Sachen nicht schutz- und hilflos feindlichen Angriffen preisgeben wollten, durchweg aber ohne irgendwelchen triftigen Grund wurden Sie dereinst plötzlich in brutalster Weise Ihrem Heim, Ihrer Familie und der vertrauten Umgebung entrissen und ins feindliche Ausland verschleppt und sind dort obendrein noch vielfach einer Behandlung ausgesetzt gewesen, die unseren Feinden und . . . Nachbarn für alle Zeiten zur Schmach und Schande gereichen wird.» Usw. usw.

Nicht den heimgekehrten Deportierten aus Lille, den nach Deutschland verschleppten belgischen Arbeitern, Bürgermeistern, Richtern, Frauen der besten Stände usw. ward diese Ansprache gehalten. Sie gal! den von den Franzosen verschleppten Elsß-Lothringern, die jefei nach Deutschland zurückgekehrt sind. Der Statthalter der Reichslande hielt sie.

Herr von Hinfee, der neue Staatssekretär des Äußern, der angeblich die Politik Hertlings zu machen hat, sonst nichts, hat sein Amt angetreten und ein bundesbrüderliches Begrüßungstelegramm an den österreichisch-ungarischen Minister des Äußern abgesandt. Darin spricht er die Hoffnung aus auf einen baldigen «siegreichen, ehrenvollen Frieden». In der Antwort des Baron Burian wird erfreulicherweise von einem «ehrenvollen, gerechten Frieden» gesprochen und hinzugefügt, «welchen wir alle zum Wohl der gesamten Menschheit herbeisehnen».