Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 22. November.

So hat sich auch hier das Schicksal erfüllt. Ein 86 jähriger, im 68. Jahr seiner Regierung, ist Kaiser Franz Josef gestern in Schönbrunn gestorben. Ein Bindeglied, das unsere Gegenwart mit einer längst vergangenen Periode verband, ist mit diesem ältesten Souverän der Welt dahingegangen. Wäre er im Frieden gestorben, so wäre sein Tod ein europäisches Ereignis geworden. Jetzt gibt es kein Europa. — Wie hätten sich die Fürstenhöfe der Entente an dem Trauergepränge beteiligt, die jetzt abseits stehen, als ginge sie das Ereignis nichts an. Ein junger Fürst besteigt jetzt den alten Thron der Habsburger. Man spricht von einer neuen Ära. Für die Völker drängen sich alle Hoffnungen in dem einzigen Wunsch zusammen, dass der Schreckenszustand des Kriegs sobald wie möglich eine Beendigung finde. Dann erst wird es Zeit sein, von einer wirklich neuen Ära zu sprechen.