Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 7. Februar.

Die diplomatischen Beziehungen der Vereinigten Staaten mit Österreich-Ungarn sind noch nicht abgebrochen. Dies lässt einen Schimmer von Hoffnung offen. Zumal Ministerpräsident Tisza gestern im ungarischen Reichstag abermals wiederholt hat «wir stehen auch heute noch zu Verhandlungen bereit, sobald wir die Bürgschaft gewinnen, dass unsere Feinde zur Erreichung eines solchen Friedens mit uns zu verhandeln geneigt sind.»

Diese Bereitschaft hätte man früher ausdrücken müssen. Als man das Friedensangebot machte, legte man zu viel Gewicht darauf, als Sieger zu erscheinen. Das machte das Angebot für die andern unannehmbar. Um zu protestieren, erfolgte als dann jene Antwort der Entente an Wilson, die wieder bei den Zentralmächten solche Empörung hervorrief.

Tisza beweist, dass er von den Friedensideen, die Amerika, die Wilson, die die Kulturwelt überhaupt bewegen, keine Ahnung hat, wenn er die Unterseebootwaffe als das wirksamste Mittel zur Erreichung jenes Friedens bezeichnet, den der Präsident der Vereinigten Staaten verkündet hat.

Die Unterseebootwaffe ist überhaupt kein Mittel zur Herbeiführung eines Friedens, am allerwenigsten jenes Friedens, den der Pazifist Wilson im Auge hat. Die Verschärfung des Unterseebootkriegs wird den Krieg verlängern, ebenso wie ihn der Durchmarsch durch Belgien verlängert hat, den die Militärs als Bedingung für die Kriegserledigung in drei Monaten bezeichnet hatten.

Das bisher von Deutschland befolgte militärische Verfahren in diesem Krieg hat die Friedensmöglichkeit nur erschwert, hat die Zahl der Gegner immer vermehrt, den Umfang des Kriegs immer mehr erweitert, und schliesslich den Krieg zu einem Kampf zwischen zwei Weltanschauungen gemacht. Die unbeschränkte Auslebemöglichkeit der Militärs vernichtet das deutsche Volk, macht es ihm unmöglich, sich künftig in der Welt noch zu zeigen. Immer wenn ein Mittel Selbstzweck wird, zerstört es, wenn es auch sonst berufen wäre, zu nützen. Aber es muss von der Hand des Meisters geführt werden, darf nicht selbst die Führung übernehmen. Das deutsche Heerwesen wurde dadurch zum Militarismus, dass es aufhörte, ein Mittel in der Hand der Staatskunst zu sein.

Mutig und erfreulich ist die Antwort, die Graf Michael Karolyi auf Tiszas Rede gab. Er bedauere die Verschärfung des Kriegs, nicht bloss vom menschlichen Standpunkt aus, sondern auch vom pazifistischen. Es ist erfreulich, dass der Pazifismus jetzt Männer in seinen Reihen hat, die sich auch in den Parlamenten zu ihm bekennen.