Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 11. Juni.

Eine ganze Getreideflotte, geleitet von Kriegsschiffen, ist kürzlich aus Amerika in England eingetroffen. Dadurch wird es England ermöglicht, bis zur nächsten Ernte bequem durchzuhalten. Diese Tatsache allein, es gibt deren noch andere, lässt die kriegabkürzende Wirkung des unbeschränkten Unterseebootkriegs als erledigt erscheinen. Das Unternehmen erweist sich als zwecklos. Hingegen rückt seine Folge, die amerikanische Beteiligung am Krieg, in unheimliche Nähe. Der amerikanische Generalstab ist bereits in Paris eingetroffen. Zehn Millionen Mann sind in den Vereinigten Staaten für den Militärdienst registriert worden. Brasilien ist in den Krieg miteingetreten. Die dort liegenden deutschen Schiffe wurden beschlagnahmt. Außerdem haben noch Bolivien, Guatemala, Kuba, Panama, Haiti die Beziehungen zu Deutschland abgebrochen. Das sind also im ganzen sieben von den 21 Republiken der neuen Welt. Ein Drittel bis jetzt. Das Wort des Kriegsministers von Stein «Amerika macht mir keine Sorge», erweist sich schon jetzt als irrig. Wir, die wir weitschauender sind, waren von Anfang an von Sorge erfüllt und sind es jetzt im hohen Masse. Wer kann der Prophezeiung aus den Februartagen vom Augustfrieden noch Hoffnung schenken? Es ist nur zu klar: Der Krieg geht noch über diesen Winter hinaus, geht noch durch das vierte Jahr. Das dankt die Menschheit den politischen Stümpern, die im Unterseebootkrieg Heil und Rettung erblickten.

Mittlerweile neues Riesengemetzel in Flandern. Englische Offensive. Einige Dörfer erobert. Tausende Tote dafür geopfert.