Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 25. Juli.

Der dies nefas! Der Tag der Ablehnung der serbischen Antwort auf das österreichische Ultimatum. Ist es möglich, Ursache und Wirkung noch zu vergleichen, denkbar, der Menschheit klar machen zu wollen, dass es besser ist, sowie es kam, und dass es anders nicht hätte gemacht werden können, nicht hätte gemacht werden sollen? Ein Blick auf die Gegenwart genügt, um die Antwort zu geben. Gerade jetzt durchleben wir die blutigste Zeit, die die Menschheit je durchlebt hat. An der Somme und vor Verdun zerfleischt sich die Blüte der europäischen Kulturstaaten, im Osten vernichten sich im unerhörten Ringen die Armeen der Zentralmächte und Russlands, auf den Feldern Südtirols die Jugend Österreichs und Italiens.

Im Innern Deutschlands ist der Kampf entbrannt zwischen den Anhängern der Gewalt und jenen, denen bereits die Notwendigkeit einer Rechtsordnung aufgegangen ist. Durch die Diktatur des Belagerungszustandes nur notdürftig verhüllt, wütet dort der Kampf zweier Weltanschauungen auf das erbittertste. Es hat den Anschein, als ob der Schwerpunkt des Kampfs sich verschoben hätte. Als ob mehr von der Entscheidung abhinge, die im Innern errungen wird als von jener, die so blutig draussen auf den Schlachtfeldern erstrebt wird. Ja, es sieht so aus, als ob das blutige Gemetzel draussen, auch nur der Entscheidung im Innern gelten würde.

Und dies alles nur das Ergebnis jenes Rechenfehlers, der heute vor zwei Jahren gemacht wurde.