Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 5. März.

Ich habe nun die Artikel des deutsch-russischen Friedensvertrags gelesen. Ist jemals schon so ein erniedrigender Friede geschlossen worden? Kann dieser Vertrag jemals einen wirklichen Frieden schaffen? Glauben die Fabrikanten dieses Instruments wirklich, dass ein 120-Millionenvolk sich wie ein zentralafrikanischer Negerstamm behandeln lassen wird?

Dieser Friede ist so weit entfernt von allen pazifistischen Hoffnungen, so im direkten Widerspruch stehend mit den von Wilson verkündeten Grundsätzen, dass das Werk der Weltorganisation, das wir aus diesem Höllenkampf schon hervorgehen sahen, vernichtet erscheint. Vernichtet aber auch die Hoffnung jetzt, ehe es zum verstärkten Mord kommt, mit den Westvölkern zum Frieden zu gelangen. Der Friede von Brest-Litowsk steht da als ein Joch, durch das die Westmächte durchgehen müssten, wollten sie jetzt mit Deutschland Frieden schließen.

Nein, das ist kein den wahren Frieden bringender Verständigungsfriede, das ist der Schwertfriede, der Hass und Rachedurst auslöst, der zum Rüsten verdammt und Krieg zeugen muss.

«Das deutsche Schwert», so telegraphiert Kaiser Wilhelm dem Grafen Hertling, «hat . . . den Frieden gebracht.» Er hat auch den Vertrag verfasst. Der Friede, den das Schwert gebracht, wird die Schwerter der andern nicht zur Ruhe bringen.