Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 20. Dezember.

Bedeutender Aufsatz des Staatssekretärs Dernburg im «Berliner Tagblatt» (17. Dezember) «Einer neuen Epoche entgegen». Er spricht von dem freien Bekenntnis des Reichskanzlers zu der «Weltauffassung des Pazifismus, die nun nach gerade von einem Spott zu einem Ehrennamen kommen wird.» Es hat lange gedauert, nun aber wird’s.

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Nun ist die Rede Lloyd George's da, mit der er gestern im Unterhaus das Friedensangebot Deutschlands beantwortete. Ich sage: Deutschlands, denn es darf nicht übersehen werden, dass in allen Äusserungen der Entente-Staatsmänner, wie in den meisten Zeitungsstimmen weder von Österreich-Ungarn noch von der Türkei oder Bulgarien die Rede ist. Und doch haben auch diese Mächte Friedensangebote gemacht. Bestehen sie für das kriegführende Ausland nicht mehr als selbständige Staaten?

Die Antwort Lloyd George’s ist in einem Ernst gehalten, der ihre Schroffheiten fast übersehen lässt. Sie enthält manches, das man in Deutschland nicht gern hören wird, aber sie enthält kein unbedingtes Nein. Ja, die Rede schlägt eine Brücke hinüber zu künftigen Erörterungen mit dem Satz:

«Infolgedessen wollen wir abwarten, welche Botschaften und welche Bedingungen uns die deutsche Regierung anbietet.»


Und dann werden in vagen Umrissen die Richtlinien eines Friedens angedeutet, wie sich ihn die Entente denkt. Sie sind in dem Satz enthalten: Wiederherstellung, Entschädigung, Bürgschaften.

Das sind Dinge, über die sich reden lässt, reden lassen muss. Die drei Worte decken die Begriffe dessen, was man als Dauerfrieden für die Zukunft sich vorstellt. Es sind Forderungen, die erfüllt werden können, ohne Erniedrigung, ja, die ohne Erniedrigung erfüllt werden müssen, wenn sie den Wert der Erfüllung nicht beeinträchtigen sollen.