Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 9. November.

Gestern und vorgestern Unterhaltung mit Professor M. Pessimistisch für die Zukunft. Starke Steigerung des Militarismus. Die psychologischen Einflüsse des Erlebnisses, die Eiserne-Kreuz-Ritterschaft, die Agrarier als Vaterlandsretter, die Junker mit ihren sehr starken Opfern, dies alles wird dazu beitragen, den Militarismus und nationalen Egoismus zu stärken. Der Sozialdemokratie werden einige Liebenswürdigkeiten entgegengebracht werden, so Zulassung zu den Universitäten, kleine Änderungen der Wahlkreiseinteilung, Genehmigung der Sozialdemokraten in den Verwaltungskörpern, vielleicht auch Zulassung zum Reserveoffizier. Die Gewinner durch Kriegslieferung sind zahlreicher als man denkt. Auch deren Einfluss ist nicht zu unterschätzen. Nach aussen wird ein Riesenblock zwischen den Völkern entstehen, der in zwei Menschenaltern nicht verschwinden wird. Statt Pazifismus, Soziologie, Wirtschaftslehre zu betreiben, wird man sich der Astronomie zuwenden müssen. Das Wollen, Forschen und Streben auf Erden wird zu unerquicklich werden.

Möglich. Es gibt aber auch andere Anschauungen über die Gestaltung der Zukunft. Hoffnungsfrohere.

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