Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 8. April.

Ostersonntag! Wieder einer. Der dritte im Krieg: 1915, 1916, 1917 ! Verlorene Jahre, vernichtende Jahre, Jahre der Zerstörung, des Wahns und der Not.

Österreich-Ungarn hat die diplomatischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten abgebrochen. Noch vor fünf Tagen meldete man aus Wien eine Besuchsreise des dortigen amerikanischen Botschafters nach Washington unter ausdrücklicher Betonung seitens der offiziösen Presse, dass das nicht etwa ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen bedeute. (Siehe meine Eintragungen vom 2. April). Und gestern reiste Mr. Penfield aus Wien ab, anscheinend mit den Pässen versehen, da der österreichisch-ungarische Botschafter aus Washington abberufen wurde. Zwischen dem 2. und 7. April liegt die Kaiserzusammenkunft im deutschen Hauptquartier.

Schweizer Blätter berichten über die ersten deutschen Zeitungsstimmen zur Wilson’schen Kriegsbotschaft. Wie traurig mutet dieses giftgeschwollene Gestammel an. Kein Wort, das dem Ereignis gerecht wird. Nur Entstellung, Verschleierung, Verdächtigung, patriotisches Getue, und unter all dem nicht ein einziger gellender Schmerzensschrei, dass es dahin kommen musste, dahin kommen durfte, dass die Kulturvölker der Erde geschlossen auf einer Seite stehen, und auf der andern allein wir.

Das verdanken wir dem vom Militarismus und der Rüstungsindustrie beschützten Treiben unsrer Alldeutschen, unsrer Flotten- und Rüstungshetzer, den Weltfressern und Weltherrschaftsnarren, die Deutschland in der Welt gefürchtet und verhasst machten und wahnwitzig das Spiel mit dem Krieg trieben. Es gibt nur eine Rettung. Entschlossene Abkehr des deutschen Volkes von diesem System, von diesem Wahn. Anschluss an den ernsten Friedenswillen der übrigen Welt. Dieser Sieg Deutschlands über sich selbst brächte allein den Frieden.