Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

17. August 1914.

Siegesnachricht über die serbische Armee an der Drina. Gefangene gemacht, Kriegsmaterial erbeutet. Detailnachrichten werden folgen. Kaiser Wilhelm in der Richtung nach Mainz ins Hauptquartier abgereist. Man merkt, dass die Aktion einsetzt. Die nächsten Wochen werden schwerwiegende Entscheidungen bringen.

Heute vor einem Jahre kamen wir im Haag zum XX. Friedenskongress an. Welch schöne Zeit! Wie voll der Hoffnungen waren wir und wie stolz über die Erfolge. Diese Haager Tage werden uns ewig unvergesslich bleiben. Erst der Kongress, dann meine Doktor-Promotion in Leyden, dann die Eröffnung des Friedenspalastes. Vorbei! — Aber nicht für immer. Ich habe jetzt die feste Zuversicht, dass dieser Krieg die Friedensidee — wenigstens in ihrer modernen Auffassung — stärken wird. Ein Ereignis wie dies — 20 Millionen Menschen unter Waffen — kann nicht ohne nachhaltigen Eindruck für die Menschheit bleiben. Der Gedanke, ob es nicht möglich sei, eine derartige Erschütterung zu vermeiden, wird hoch aufflackern müssen. Es scheint, dass Europa sich durch diesen Krieg nur zusammenkämpfen wird.

Sch. schreibt mir (unterm 9. August: heute erhalten) um «ein starkes Wort des Trostes» von mir. Das kann man nicht geben. Jeder muss den Trost in sich selber haben. Quidde schreibt mir (unterm 7. August: heute erhalten) ich und er sollen in die Schweiz gehen, um von dort aus gegen die Verleumdung Deutschlands und Österreich-Ungarns tätig zu sein. Er meinte auch, dass eine ständige Vertretung des Berner Bureaus, aus uns, Lafontaine, Arnaud und einem Engländer bestehend, in Bern tagen solle. Wahrscheinlich, um in dem geeigneten Augenblick für die Vermittlung wirken zu können. Im Grunde bin ich nicht abgeneigt. Aber könnte es einen Zweck haben?