Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 16. November.

Der Kaiser von Österreich hat das Duell in der Armee abgeschafft. Eine Forderung, für deren Erfüllung jahrzehntelang erleuchtete Einzelpersonen, Vereine, Kongresse wirkten, ist nun durch einen Federzug erfüllt worden.

Man nehme die Eingangsworte des kaiserlichen Erlasses und sehe, ob sie nicht ebenso auch auf den Krieg bezogen werden können:

«Aus längst vergangenen Zeiten hat meine bewaffnete Macht den Zweikampf übernommen und ihn als eine traditionelle Einrichtung beibehalten. Das Festhalten an alten Überlieferungen kann aber nicht dazu führen, dass wider bessere Überzeugung, wider göttliches Gebot und wider das Gesetz die Austragung von Ehrenkränkungen auch fernerhin der Geschicklichkeit in Waffenbrauch überantwortet und dadurch dem blinden Zufall überlassen wird.»

Ein bisschen Einsicht und fester Wille, dann kann der Krieg mit demselben Fußtritt zum Teufel gejagt werden.

Am 11. November konnten in Wien im großen Konzerthaussaal und auf den umliegenden Plätzen gegen 50 000 Arbeiter für den Frieden demonstrieren, Sie forderten die österreichische Regierung auf, die feindlichen Staaten sofort zur Eröffnung von Friedensverhandlungen einzuladen.

Die Duldung dieser großen Demonstration lässt vermuten, dass die österreichische Regierung die Absicht hat, demnächst wieder ihre Friedensbereitschaft kundzutun. Sie braucht dazu den Hinweis auf den Friedenswillen der breiten Masse.