Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

5. Januar 1918 1918.

In Brest-Litowsk kracht es.

Wie hießen noch zu Weihnachten die Erklärungen des Vierbunds? «Eine gewaltsame Aneignung von Gebieten, die während des Kriegs besetzt worden sind, liegt nicht in der Absicht der verbündeten Regierungen». Und nun erklärt Reichskanzler von Hertling im Hauptausschuß, dass, wenn die Zustimmung zur Loslösung von Polen, Kurland, Litauen unter Anerkennung eines angeblich bereits nach dieser Richtung zum Ausdruck gebrachten Volkswillens nicht gegeben wird, wir uns auf «unsere Machtstellung» stützen.

So fiel denn rasch die Larve des demokratisch-pazifistischen Verständigungsfriedens und das militaristische Antik kommt zum Vorschein.

Ob es nach dieser Wandlung zu einer Verständigung kommt, ist fast Nebensache. Die Deutschen behaupten, sie werden einfach mit den Ukrainern verhandeln, die jetzt ebenfalls in Brest-Litowsk erschienen sind. Die Russen ließen die Frontkommandanten nach Petersburg kommen, um sie zur Verteidigung der Revolution vorzubereiten.

Die Hauptsache ist, dass die deutsche Regierung sich nun bezüglich ihrer Bereitschaft zu einem demokratischen Dauerfrieden bei der Entente um jeden Kredit gebracht hat. Das Unheil wird schrecklich weiter rasen. Die schwache Hoffnung auf eine allgemeine Beendigung des Kriegs ist erloschen.