Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 26. April.

Gegen den Artikel «Fried bei der Verleumdungsarbeit» hatte ich in einer Anwandlung von Naivität auch dem Chefredakteur der «Deutschen Tageszeitung» das selbe berichtigende Schreiben gesandt, das ich auch der Redaktion der «Kreuzzeitung» zugehen liess. Auch hier vergeblich. Der Herausgeber jenes alldeutschen Blattes, Herr Reichstagsabgeordneter Dr. Oertel hatte aber die Ehrlichkeit, mir offen anzudeuten, was mir passieren würde, wenn ich darauf bestehen sollte, dass der mir angetane Schimpf zurückgenommen werde. «Wir glauben, dass es lediglich in Ihrem eigenen Interesse liegt, wenn wir auf die Angelegenheit nicht zurückkommen». Hieran anknüpfend schrieb ich: «Ich muss demnach vermuten, dass, wenn ich weiter darauf bestehe, Sie zur Zurücknahme jenes unberechtigten Vorwurfs zu veranlassen, ich mich weiteren öffentlichen Beleidigungen durch Ihr Blatt aussetze. Da ich unter den gegenwärtigen Verhältnissen keine Handhabe besitze, mich dagegen zu wehren, so füge ich mich dieser Drohung».

So ist man denn vogelfrei für diese Wegelagerer. Wenn ich bedenke, dass eine «Deutsche Tageszeitung», dass die «Hamburger Nachrichten» (!) ungestraft schreiben dürfen, dass es meine «alte Tradition vor dem Krieg» war, «unsern Gegnern Material zu ihrer Hetze zu liefern», ich, der ich 25 Jahre nur für Verständigung und Verständnis gewirkt habe, während die gegen Deutschland hetzenden und Hass verbreitenden Organe des Auslands, wie «Matin» und «Daily Mail» nur von den Zitaten aus der «Deutschen Tageszeitung» und den «Hamburger Nachrichten» sich mästeten, so bleibt einem neben aufwallendem Zorn über diese Niedertracht nur der aus tiefstem Innern kommende Ekel.