Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 12. April.

Seit gestern haben Argentinien und Guatemala die Beziehungen mit Deutschland abgebrochen. Pan-Amerika, an das man in Deutschland immer nicht glauben wollte, tritt so immer deutlicher ins Gesichtsfeld.

Der gestrige Auszug über das Hindenburg-Interview in Schweizer Zeitungen war nicht richtig. Der Feldmarschall sagte: «Der Weg, den wir unter Würdigung aller Gefahren einschlugen, führt zum Ziel.» Welcher Art das Ziel ist, ist nicht gesagt. Aber die Vernunft lässt erkennen, dass es sich nicht um die Niederringung einer Welt handeln kann, sondern um ein Bestehen dem feindlichen Ansturm gegenüber. Wohl sagt der Feldmarschall gegen den Schluss seiner Ausführungen:

«Wir haben alle Möglichkeiten erwogen und nach bestem

menschlichen Wissen und Gewissen die gewählt, die zum

Sieg und zum Frieden führen.»

Aber er sagt auch: «Keinen Augenblick unterschätzen wir die Gefahr und den Ernst der Stunde.» Das ist bedeutungsvoll aus dem Mund eines siegesbewussten Soldaten. Aber was der Soldat spricht, fällt nicht mehr so ins Gewicht. Der Krieg ist in ein Stadium getreten, wo die rein militärische Aktion nicht mehr den Ausschlag für den Sieg gibt, wenn man unter Sieg nicht bloss Waffenruhm, sondern politischen Vorteil versteht. Wo soll dieser noch herkommen? Die militärischen Äußerungen sind sicher sehr wichtig, wenn es sich darum handelt, den Mut und die Zuversicht von Armee und Bürgertum anzuregen, aber für die Entwirrung der Lage bieten sie keinen Anhalt. Die Staatsmänner müssen tiefer sehen und anders urteilen. Sie schweigen zumeist, und wenn sie reden, so suchen sie damit nach alter Diplomatenart, ihre Gedanken zu verbergen.