Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

14. August 1914.

Gestern haben nun England und Frankreich der Monarchie den Krieg erklärt. Es macht schon fast keinen Eindruck mehr. Es ist eigentlich immer dasselbe: Europa gegen Europa. Diese Kriegserklärungen sind vielleicht weniger erfolgt, um kriegerische Handlungen auszuüben, als deshalb, um beim Friedensschluss mitsprechen zu können. Bei dieser Verquickung von Kriegserklärungen ist es ganz ausgeschlossen, dass es zu Separatfriedensschlüssen kommen kann. Es wird ein allgemeiner europäischer Kongress sein müssen, der die Ordnung wieder herzustellen haben wird. Hätte man sich früher auf einen solchen Kongress geeinigt, der Krieg wäre vermieden worden. Aber man wollte unter keinem Preis einen europäischen Kongress. «Los von Europa» hiess es, und Harden konnte bei seinem Wiener Vortrag im vorigen Jahre unter dem Beifall der Presse die Parole ausgeben: «Lassen Sie sich ja nicht auf eine Konferenz locken». Das taten wir auch. Resultat: Der Weltkrieg.

Die englische und französische Feindschaft kann uns im Mittelmeer recht unangenehm werden. Die Küsten Dalmatiens und Istriens, Triest und Pola sind dem feindlichen Feuer ausgesetzt, die Blockade droht. Wer weiss, was noch alles kommen mag.

Gestern ist Adolf Richter gestorben. Ein Telegramm Quiddes meldete es mir in später Abendstunde. Vielleicht haben ihm die Ereignisse den letzten Rest gegeben. Jedenfalls ersparte er sich viel Kummer. So gehen die Alten einer nach dem anderen weg. Auf uns «Junge» fällt das Schwergewicht der Führung und der Verantwortung. Nur dass wir mittlerweile aufgehört haben, «jung» zu sein.