Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

26. Mai (Lugano) 1915.

Die ersten Schüsse sind gefallen. Raid der österreichisch-ungarischen Flotte an die italienische Westküste. Fliegerbomben über Venedig. Italiener überschritten bei Cormons und Cervignano die Grenze. —

Angesichts dieses frivolen Kriegs Italiens muss man unsre Gegner, die Kriegshetzer bei uns, die Verherrlicher und Lobpreiser des Kriegs, an ihre Aussprüche und Lehren erinnern:

Ist der Krieg ein Element der göttlichen Weltordnung? Ist es dann auch dieser?

Der Krieg ist «das Heiligste auf Erden»? — Also auch dieser Krieg?

Ohne Krieg würde die Menschheit in Marasmus verfallen? Also haben die Italiener recht, wenn sie Krieg führen? —

Alle Eure Rechtfertigung und Anbetung des Kriegs müsst Ihr dann auch diesem Krieg zugute kommen lassen. Wenn Ihr es nicht tut, dann gebt Ihr zu, Euch geirrt zu haben! —