Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 4. November.

Heute könnte ich ein Jubiläum feiern, und in meinem Innern feiere ich es auch. Es sind, genau dem Tage nach, heute fünfundzwanzig Jahre verflossen, seitdem ich in der Friedensbewegung tätig bin. Zu Betrachtungen über dieses Vierteljahrhundert des Kampfes habe ich wenig Lust. Unter Blut geht die Saat auf. Die Zukunft ist ohne Erfüllung unserer Forderung gar nicht zu denken. Der Krieg hat die Menschen zwar erst erweckt, aber wenn sie ihre Rettung werden bewerkstelligen wollen, werden sie die Mittel vorfinden, die wir vorher errichtet, die Wege, die wir vorher gebahnt haben. Militärisch nennt man das heute: sich auf vorher sorgfältig errichtete, feste Stellungen zurückziehen.

Meine Jubiläumsstimmung wird wehmütig beeinflusst durch eine Nachricht, die mir gerade vor einigen Tagen zugekommen ist. Man hat in Österreich, meiner pazifistischen Betätigung wegen, eine Verfolgung gegen mich eingeleitet und mein dort befindliches Vermögen mit Beschlag belegt. — Ich hoffe, dass man in diesem Land die Friedensarbeit noch einmal anders einschätzen wird.