Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 20. März.

Die Entente hat bei Abschluss einer ihrer gemeinsamen Konferenzen in London eine Protesterklärung gegen den Frieden von Brest-Litowsk erlassen. Nach einer eingehenden Kritik der Ergebnisse jener Friedensschlüsse schließt der Protest mit folgenden Worten:

«Diese Art Frieden kennen wir nicht, wir dürfen sie nicht kennen. Denn unser Wille ist, durch heldenmütiges Ausharren aufzuräumen mit der Raubpolitik und an ihrer Stelle die Herrschaft eines auf geordneten Rechtsverhältnissen beruhenden, dauernden Friedens zu setzen. In der Tat, mit der weiteren Entwicklung dieses Kriegs zeigt sich immer offenkundiger, dass überall die Freiheit sich regt und dass, ohne künftige Befreiungen zu nennen (?), nur auf jenes allgemeine, größte Ziel zu verweisen ist, das sich bezeichnen lässt mit dem einem Wort: Recht. »

Das sind Worte, die den deutschen Kanonen und Divisionen entgegengesetzt werden. Worte! Viele werden behaupten, dass diese Aufrichtung des Rechtsgedankens nur Heuchelei sei. Im Falle des Siegs hätte die Entente auch geraubt. Ich bezweifle es nicht. Aber mir ist die Heuchelei des Rechts immer noch lieber als die Heuchelei der Gewalt, und ich weiß, dass selbst das Heucheln den Rechtsgedanken nicht erniedrigt, dem Rechtsprinzip nichts von seiner Bedeutung rauben kann.