Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Lugano, 5. Juni.

Przemysl seit vorgestern wieder in unserm Besitz. Jubel in Wien. Häuser beflaggt, Illumination und Zapfenstreich. —

Als die Festung vor zwei Monaten in die Hände der Russen fiel, hiess es: bedeutungslos, ein Mauerhaufen. Damals zelebrierten die Russen feierliche Gottesdienste. Nun wieder umgekehrt. Heute der Gottesdienst und der Jubel bei uns, und «Ah Bah! Ein Mauerhaufen», bei den Russen. Diese behaupten die Stadt preisgegeben zu haben, nachdem sie die restaurierten Festungswerke neuerdings zerstörten. Es wird wohl in der Tat nur ein Mauerhaufen sein, was in unsern Besitz gelangt ist. Wieviel Menschenleben mögen auf beiden Seiten für die Eroberung und die Verteidigung bereits aufgeopfert worden sein?