Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 4. Januar.

Die Entente-Note ist von der deutschen Presse einstimmig als eine aussichtslose Ablehnung dargestellt worden. Das ist sie nicht. Wenn aber kein Blatt in ihr die Möglichkeit einer Anknüpfung erblickt, so scheint hier eine Anordnung vorzuliegen. In diesem Fall handelt es sich um ein Manöver, um die Friedensbedingungen für sich günstiger zu gestalten. Dass kein deutsches Blatt bis jetzt den Kern der Antwort herausgeschält hat, dass sich alle nur an die kriegerische Verbrämung halten, erschüttert mich in meiner Überzeugung nicht, dass die Verhandlungen wirklich schon im Gang sind. Man will einfach den Friedensoptimismus des Volks und des Heers nicht zu stark werden lassen. Darum muss man, auf beiden Seiten, immer so tun, als ob keine Hoffnung wäre. Bei diesem Friedensschluss, bei dem keiner am Boden liegt, hofft man nur dadurch die möglichst günstigen Bedingungen für sich herausholen zu können, wenn man die Schlagfertigkeit und Entschlossenheit zur Kriegsfortsetzung nicht im geringsten erschüttert. Daher die Gebärde der Hoffnungslosigkeit. In Wahrheit arbeitet aber der diplomatische Apparat fieberhaft weiter. Dem Mann draußen wird die Hoffnung erst gewährt werden, wenn die Grundlagen dieses schwierigen Ausgleichsfriedens gesichert sein werden. Das kann noch einige Zeit dauern, aber kommen wird es.