Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Vevey, 16. Oktober.

Unglaublich rasch ist die Antwort Wilsons eingetroffen. Bereits gestern abend war sie hier bekannt. Das Kriegsende bringt sie noch nicht. Im Gegenteil: die Note scheint mit Absicht, die endgültigen Entscheidungen hinausschieben zu wollen. Die Waffenstillstandsbedingungen sollen den Militärs Vorbehalten bleiben. Wann die mitgeteilt werden sollen, ob und wann Vereinbarungen mit den Militärs der Zentralmächte getroffen werden sollen, darüber bleibt man unbenachrichtigt. Nur die unumstößliche Bedingung, die viel zuviel Auslegungen zulässt und dem Erraten Spielraum gewährt, wird vorgebracht Garantien — absolute und befriedigende Garantien — dass die gegenwärtige Überlegenheit der Ententeheere bewahrt bleibt. Wie kann das geschehen? Welche Forderungen stehen wohl dahinter?

Dann verweist der Präsident mit feierlichem Nachdruck auf eine der von ihm am 4. Juli in seiner Rede von Mount Vernon vorgebrachten Friedensbedingungen, die er durch die deutsche Regierung bereits anerkannt erachtet, die er jedoch, «damit keinerlei Missverständnisse entstehen können», noch besonders hervorhebt «Die Zerstörung jeder Willkürgewalt, welcher Art sie auch sei, die allein, im Geheimen durch ihren alleinigen Willen den Frieden der Welt stören könnte, dass sie, wenn sie nicht gleich zerstört werden kann, zumindest zur tatsächlichen Ohnmacht verurteilt werde.»

Das ist die Betonung einer Forderung, die ja bereits in des Präsidenten erster Note angedeutet wurde, auf die jedoch auch keine Antwort erwartet wird, da der Präsident sie als bereits angenommen bezeichnet.