Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 24. Januar.

Vorgestern lange Unterhaltung mit Baron R. Interessanter, ernster und gebildeter Mann. Er interessierte sich für unsere Beratungen bei unsrer Sitzung des Internationalen Friedensbureaus, über die ich ihm Bericht erstattete. Dann suchte ich, ihn für die «Friedens-Warte» zu interessieren, damit — wenn möglich — in Berlin eine mildere Auffassung platzgreife. Ich sträube mich vorläufig, das Blatt in der Schweiz erscheinen zu lassen. Wenn es nicht anders geht, so werde ich es doch tun.

Vorgestern kam Dr. X. aus F. hier an. Ich habe ihn seit 13 Jahren nicht gesehen. Er hat ein Buch über den Kriegsausbruch geschrieben, das er in der Schweiz verlegen will. Es ist eine vernichtende Anklage gegen Deutschland mit verblüffenden Darlegungen aus den amtlichen Publikationen. Ich führte X. mit meinem Engländer zusammen, den Freund Norman Angells. Wir assen gemeinsam. Dann entwickelte sich folgendes Gespräch. X. erwähnte seine Anklageschrift. Hierauf sagte
der Engländer: Et qu’est ce que vous accusez?
der Deutsche: l’Allemagne, d’avoir fait la guerre.
der Engländer: Mais vous avez tort, mon ami! Tableau!

Und im Verlaufe der sehr lebhaften Unterhaltung trat der Engländer dafür ein, dass Grey den Krieg verschuldet habe, X. dafür, dass es Deutschland war, das ihn herbeiführte. Abends las uns X. einen grossen Teil seiner Schrift vor. Erdrückend allein, was er schon aus dem deutschen Weissbuch beweist.