Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 15. Januar.

Vor Jahren ersuchte ich einmal Forel, den Krieg als psychiatrisches Problem zu behandeln. Als Irrsinnsanfall der Masse. Kürzlich veröffentlichte nun der Wiener Arzt Dr. Alfred Götzl in dem Organ des Obersten Sanitätsrates in Wien einen Bericht über die innern Erkrankungen der im Felde stehenden Soldaten. Darin sagt er nach einem Bericht der «Arbeiterzeitung» (12. Januar): «Bedenkt man, dass unter den Millionen Menschen, die einander gegenüberstehen, Tausende sind, die in normalen Zeiten keinen Tropfen Blut sehen und keinem Menschen ein Haar krümmen können, so ist man wohl berechtigt, den Krieg selbst in gewissem Sinne als Völkerpsychose aufzufassen.» —

Dieser Ansicht bin ich auch. Normalen Geistes ist diese Einrichtung weder von den Kämpfenden noch von den Zurückgebliebenen zu ertragen.

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