Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 25. Februar.

Das preussische Abgeordnetenhaus hat gestern einen Antrag auf Aufhebung des Belagerungszustandes gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Polen abgelehnt. Die Rede, die der Abgeordnete Stroebel (Sozialdemokrat) gegen den Belagerungszustand, die Zensur und die sich daraus ergebenden innerpolitischen Zustände hielt, entwickelt gerade kein anziehendes Bild. Über den «Burgfrieden» sagt er: «Der Burgfriede ist also in Wahrheit nicht der politische Gottesfrieden, der allen gleiche Rechte einräumt, nicht ein ehrlicher Waffenstillstand zwischen politischen Gegnern, sondern eine einseitige Knebelung der demokratischen Volkskreise, die sich widerstandslos einer konservativ-reaktionären Politik ausgeliefert sehen». Das ist leider wahr.

Als Dokument für den Geist, der sich jetzt breit macht, dient eine in den «Verordnungen betreffend das Volksschulwesen im Regierungsbezirk Frankfurt a.O.» abgedruckte Kundgebung der kgl. Regierung in Frankfurt a. O. vom 15. Januar, die an die Kreisschulinspektoren ihrer Bezirke gerichtet ist. Diese lautet:

«Es drängen sich in neuester Zeit an die Lehrer und die Schule Wünsche heran, aus erziehlichen Gründen durch geeignete Belehrung der Ausbreitung und Vertiefung des Völkerhasses entgegenzuwirken und der künftigen Versöhnung der Kulturvölker vorzuarbeiten.

Diesen aus dem Gefühl allgemeiner Völkerverbrüderung und internationaler Friedensschwärmerei entspringenden Bestrebungen darf kein Raum gewährt werden. Es kann um so weniger Aufgabe der Volksschule sein, in diesem Sinn zu den künftigen Beziehungen der Völker untereinander Stellung zu nehmen, als nach der friedlichen Grundstimmung des deutschen Volkes, gerade im Gegensatz zu andern Völkern, gar keine Gefahr besteht, dass in unserer Jugend ein dem künftigen Frieden gefährlicher Hass aufwachsen könnte.

Im Gegensatz zu solchen Auffassungen ist es eine erziehliche Aufgabe ersten Ranges für die Schule, dafür zu sorgen, dass die furchtbaren Lehren und Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart in dem lebenden Geschlecht unauslöschlich haften bleiben. Vor allen Dingen muss ganz allgemein die Überzeugung in unserm Volk einwurzeln, dass Deutschlands Friede und Sicherheit nur durch seine Wehrmacht zu Land und zur See verbürgt wird und dass alle Verbrüderungsbestrebungen mit andern Völkern auf kulturellem Gebiet niemals dazu führen dürfen, auch nur das geringste von seiner kriegerischen Rüstung abzubröckeln. Zum andern sollen die Schulen die Überzeugung festigen, dass Deutschland einig bleiben muss und dass alle Parteien oder Sonderbestrebungen sich dieser Forderung unterzuordnen haben. Endlich wird es eine schöne Aufgabe aller Lehrenden bleiben, nicht nur die durch die Erfahrungen des Kriegs gefestigte Überzeugung von dem Segen eines starken Königtums, sondern auch die Liebe zu unserm König und Kaiser sowie zu dem Hohenzollernhaus zu voller Erstarkung zu bringen. Das jetzt eingeführte tägliche Gebet der Schulen für unsern Herrscher wird darum als gemütvoller Ausdruck solcher Liebe auch nach Beendigung des Kriegs zu pflegen sein.

Allen Bemühungen aber, die Schandtaten, die unsere Feinde an den Deutschen der ganzen Erde begangen haben, zu entschuldigen oder zu beschönigen, wollen Sie, falls sie in die Schule einzudringen versuchen sollten und nicht schon an dem gesunden Sinn der Lehrerschaft scheitern, Ihrerseits entschlossen entgegentreten. (Gez.) v. Schwerin».