Das Kriegstagebuch des Alfred H. Fried

Bern, 9. Mai.

Bei einem Bankett, das der Wiener Journalisten-Verein «Concordia» zu Ehren der Künstler des in Wien gastierenden Zürcher Theaters gegeben, sprach auch der österreichische Unterrichtsminister von Hussarek. Dabei sagte er nach einem Telegramm des Wiener Korrespondenz-Bureaus vom 6. Mai u. a. Folgendes:

«Ich würde eine Binsenwahrheit aussprechen, wenn ich hier an dieser Tafelrunde, betonen wollte, dass auch wir Österreicher gewiss nicht diejenigen gewesen sind, die das feindliche Ringen heraufbeschworen haben. Wir mussten auf den Schauplatz treten, weil uns keine andere Möglichkeit gegeben war, unsere Ehre und unser Dasein zu bewahren.»

Märchen gehören in die Kinderstube und nicht für Erwachsene. Aber ein österreichischer Minister ist kein Andersen und kein Musäus, die blutige Zeit keine Klippschule, sondern ein Spital, für das die Wahrheit ein unentbehrliches Desinfektionsmittel ist.